Ein Werbe-Faltblatt mit einem Innenstadtplan, der auf die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in Breslau hinweist. Darin werden jedoch nicht, wie es für touristische Prospekte sonst üblich ist, Öffnungszeiten aufgeführt oder Informationen zur historischen Bedeutung des Gebäudes vermittelt. Stattdessen sind Tages- bzw. Uhrzeiten aufgeführt, zu denen die Plätze und Gebäude gut und stimmungsvoll beleuchtet sind und man man besonders schöne Fotos machen kann. „Wir wollen Ihnen damit einmal für die ereignisreichen Tage, die Sie hier erwarten, die Motivsuche erleichtern, und Ihnen zum anderen helfen, sich mit der Kamera, ein möglichst schönes und geschlossenes Erinnerungsbild zu schaffen“, heißt es hierzu auf dem Faltblatt. Eine kreative Werbeidee des Photo- und Kino-Handels Schubert anlässlich des 12. Deutschen Sängerbundfestes in Breslau vom 28. – 31. Juli 1937.
Dieses war nicht nur ein bedeutendes kulturelles Ereignis, sondern bot der Landeshauptstadt Schlesiens auch die Chance, ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Von dem Glanz, den eine solche nationale Großveranstaltung der Stadt verlieh, wollten natürlich auch Wirtschaft und Politik profitieren. Neben Hotels und Gaststätten versprach sich der lokale Handel ebenfalls ein gutes Geschäft von den zu erwartenden Besucherströmen. So kam wohl auch der Besitzer des Photo- und Kino-Handels Schubert in der Schweidnitzer Straße 17 auf den Gedanken, diesen Werbeprospekt drucken zu lassen, der sich speziell an die Besucher des Sängerfestes richtete. Dahinter stand sicher auch die Hoffnung, dass dem ein oder anderen noch die passende Kamera fehlte oder er den Stadtplan und die Empfehlungen zum Fotografieren nutzte und seine Fotos hinterher bei Schubert entwickeln lassen würde. Die Lage in Bahnhofsnähe mag hier von Vorteil gewesen sein, kamen doch die meisten Gäste mit einem der zahlreichen Sonderzüge, die die Reichsbahn eingesetzt hatte.
Für alle, die sich die passende Kamera nicht leisten konnten oder denen das nötige Geschick fehlte, sehenswerte Aufnahmen zu machen, wurden in den Papier- und Buchhandlungen extra zu diesem Ereignis gedruckte Ansichtspostkarten angeboten. Auch die im Jahr 1918 geborene Erika Berger war damals in einer solchen tätig Sie erinnert sich nicht nur an die vielen Gäste aus dem In- und Ausland und die besondere Atmosphäre in der Stadt, sondern auch an „die Aufgabe [den Gästen], Ansichtskarten natürlich schon frankiert, Bildbände, Stadtpläne und Bilder […] anzubieten“ sowie daran, dass „[d]ie Geschäfte […] bis 22 Uhr geöffnet [waren] und [d]ie Straßenbahnen […] rund um die Uhr“ fuhren.
Die öffentliche Aufmerksamkeit, die das Deutschen Sängerbundfestes erregte, das nach dem 7. Treffen im Jahr 1907 schon zum zweiten Mal in der schlesischen Metropole stattfand, nutzte auch die nationalsozialistische Propaganda für ihre Zwecke. Schirmherr der Veranstaltung war Reichspropagandaminister Joseph Goebbels. In Zeitungsberichten wurde die Veranstaltung als „überwältigendes Bekenntnis zum deutschen Volkstum“ gefeiert und u.a. der Teilnahme der österreichischen und sudetendeutschen Gruppen besondere Aufmerksamkeit geschenkt.