Eine Serie von schwarz-weiß Fotografien im Format 6 x 6 cm dokumentiert die Überschwemmung im Spätsommer 1938 in Lähn. Aufgrund seiner Lage am Bober wurde das 1214 gegründete Städtchen immer wieder von Überschwemmung heimgesucht. In den im tschechischen Teil des Rehorngebirges entspringenden Bober ergießen sich, bevor er Lähn erreicht, mehrere kleine Gebirgsbäche. Die Schneeschmelze verwandelte diese zahmen Rinnsale im Frühjahr immer wieder in reißende Wildbäche, deren Wassermassen zu einem starken Anstieg des Wasserpegels führten. Noch deutlich gefährlicher waren jedoch die heftigen Sommergewitter, die die Bäche binnen weniger Stunden zum Überlaufen bringen konnten und die Städte und Dörfer an ihren Ufern überschwemmten.
Eines der heftigsten Boberhochwasser ereignete sich im Jahr 1897. Im Wanderer des Riesengebirges hieß es darüber „In der Nacht vom 29. zum 30. Juli ist über unser Vereinsgebiet eine Hochwasser Katastrophe hereingebrochen, von einer Ausdehnung und Größe der verheerenden Wirkung, wie sie in den Annalen dieses Jahrhunderts noch nicht verzeichnet worden ist.“ Drei Jahre nach dieser Katastrophe wurde das Schlesische Hochwasserschutzgesetz verabschiedet, das unter anderem den Bau einer Talsperre am Bober vorsah. Nach jahrelangen Bauarbeiten wurde diese 1913 fertiggestellt und war seinerzeit die größte dieser Art in Europa. Neben dem Hochwasserschutz diente sie außerdem zur Stromerzeugung. Dank des Stausees blieb eine so verheerende Katastrophe wie 1897 aus, doch kam es auch nach dem Bau der Staumauer mehrfach zu kräftigen Hochwassern.
Ende August 1938 stieg infolge heftiger Regenfälle in den Sudeten das Wasser binnen weniger Stunden und brachte die Bobertalsperre in Mauer zum Überlaufen. Alle Orte unterhalb der Staumauer – so auch die Stadt Lähn – wurden in kürzester Zeit überschwemmt. Dort luden, wie auf den Bildern zu sehen ist, die Wassermassen in den Straßen zur Bootstour rund ums Rathaus ein. In den Warmbrunner Nachrichten vom 3. und 4. September hieß es dazu „Lähn wurde völlig überschwemmt, der Markt bildete einen einzigen See. In die Häuser drang das Wasser teilweise meterhoch ein, und viele Häuser mußten völlig geräumt werden.“
Die Fotos sind vermutlich entstanden, als der Scheitelpunkt schon überschritten war, denn meterhoch scheint das Wasser nicht mehr in den Straßen zu stehen – gleichwohl kniehohe Gummistiefel noch zur Dienstkleidung des Postboten gehörten. Die Bilder zeigen eine weitgehend entspannt wirkende Bevölkerung, die sich mit der Situation abgefunden zu haben schien und sich durch Improvisation zu helfen wusste. Während die Kinder ihren Spaß hatten und die Gelegenheit nutzten und alles zum Bötchen umfunktionierten, was ihnen in die Finger fiel, oder mit den Rädern durch die Pfützen sausten, zogen es die Älteren vor, sich alles von der Haustür aus zu betrachten. Der Fotograf ist unbekannt, entwickelt wurden die Bilder jedoch in jedem Fall beim örtlichen Fotografen Alfred Vogt, wie der rückseitige Stempel verrät.