„Derr Winter muuß naus! […] Is Frühjoah ies doo“
Frühjahrs- und Osterbrauchtum in Schlesien
1. März bis 22. April 2018
Nach dem in Schlesien deutlich ruhiger gefeierten Karneval – Fasching genannt – zu dem man sich vor allem auf Maskenbällen und Kostümfesten traf, begann „die lange Faste“. Unterbrochen wurde diese entbehrungsreiche Zeit am dritten Sonntag vor Ostern, an Lätare. An diesem Sonntag zogen die Kinder in Schlesien mit ihren bunt verzierten Sommerstecken singend von Haus zu Haus und bekamen dort Süßigkeiten, Obst und „Beegla, ein speziell zu diesem Anlass hergestelltes Schaumgebäck.
Für die Bewohner Warmbrunns und der Umgebung hielt die vorösterliche Zeit ein weiteres fröhliches Ereignis bereit. Alljährlich am Palmsonntag fand dort der Tallsackmarkt statt. Hervorgegangen aus der Bewirtung der am Palmsonntag nach Warmbrunn gekommenen Kirchenbesucher, hat er sich über die Jahrhunderte zu einem großen Volksfest entwickelt. Bekannt sind vor allem die dort angebotenen Pfefferkuchenmänner gewesen, die „Tallsäcke“.
Die Karwoche und das Osterfest selbst sind besonders reich an Traditionen und Bräuchen, die oft lokale Unterschiede aufweisen. So zogen in manchen Regionen Schlesiens die Kinder statt an Lätare am Gründonnerstag mit den, mit bunten Papierstreifen, Papierblumen und Bändern geschmückten Sommerbäumchen durchs Dorf und heischten mit dem Ruf „Seid gebata üm a Griendusch!“ ihre Gaben. Wie in vielen katholischen Regionen Deutschlands, zogen auch in Schlesien an Karfreitag, wenn die Glocken schwiegen, die jungen Leute mit Ratschen und Klappern durch den Ort, um die Leute zum Gottesdienst zu rufen.
Natürlich war es auch hier Brauch einander gefärbte Eier zum Osterfest zu schenken. Berühmt sind vor allem die kunstvollen, in Oberschlesien gefertigten Eier, bei denen die Motive mit dünnen Nadeln oder Messern in die bunt gefärbten Eier geritzt werden. Das Ergebnis sind filigrane Muster, die regionale Unterschiede aufweisen.
Ein ebenfalls weit verbreiteter Osterbrauch ist das Schmackostern. Am Ostermontag gingen traditionell die jungen Burschen schon früh zu ihren Mädchen und gaben ihnen mit selbstgefertigten Ruten leichte Schläge auf die unbedeckten Arme und Beine. Durch das Schlagen sollten nicht nur die Fruchtbarkeit, sondern auch die Kraft und Tüchtigkeit der zur Arbeit unentbehrlichen Glieder gefördert werden. Die dabei benutzte Rute hieß „Schmackoster“ und bestand aus mehreren zusammengedrehten, mit bunten Papierschnitzeln dicht durchflochtenen Weidenruten.
Für viele Kinder und Jugendliche hielt die Frühlingszeit noch ein weiteres wichtiges Ereignis bereit: So gingen traditionell die jungen Protestanten am Palmsonntag zur Konfirmation, die in der katholischen Kirche gefeierte erste heilige Kommunion wurde meist am Sonntag nach Ostern gefeiert.
All diese Bräuche und religiösen Feste werden in einer kleinen Sonderschau, parallel zur Ausstellung „Typisch schlesisch!?“ bis zum 22. April 2018 im HAUS SCHLESIEN vorgestellt.
Silke Findeisen