„TIEFENFURTER PORZELLAN IST WELTBEKANNT“
80 Jahre Porzellanproduktion im niederschlesischen Tiefenfurt (1865-1945)
16. Mai 2010 bis 29. August 2010
Mit seiner neuen Ausstellung erinnert unser Museum an den Porzellanort Tiefenfurt, der einst den Kreisen Görlitz und Bunzlau zugeordnet war und auf dessen Poststempel stand: „Tiefenfurter Porzellan ist weltbekannt“.
Vom 16. Mai (Eröffnung um 15 Uhr) bis zum 29. August 2010 zeigt das Museum die bisher größte Ausstellung mit Tiefenfurter Porzellanen, für die 1930 auch die damals bekannte Schauspielerin Lil Dagover in einer Firmenanzeige warb.
Heute noch befinden sich in manchen Haushalten Geschirre mit den bekannten Dekoren „China-Blau“ und „China-Rot“, die in ihren Fabrikmarken den Namen Tiefenfurt enthalten. Auf Sammlermärkten erfreuen sich diese Porzellane nach wie vor ungebrochener Beliebtheit.
1865, und somit immerhin 26 Jahre bevor Rosenthal seine Porzellanfabrik in Selb/Bayern gründete, begann die Porzellanherstellung in Tiefenfurt. Töpfereien und Steingutfabriken bildeten die Grundlage für drei Porzellanfabriken, die 1865, 1868 und 1890 in Tiefenfurt die Porzellanproduktion aufnahmen. Die beiden älteren Unternehmen gehörten 1872 zu den ersten deutschen Porzellanfabriken, die in der Form einer Aktiengesellschaft betrieben wurden. Aus diesen gingen später die „Schlesische Porzellanfabrik P. Donath“ und nachfolgend die „Porzellanfabrik C. H. Tuppack“ sowie die „Porzellanfabrik K. Steinmann“ hervor.
Tiefenfurt zählte 1939 etwa 1350 Einwohner. Allein in den drei feinkeramischen Großbetrieben wurden zeitweise bis zu 600 Personen beschäftigt. Die Porzellanfabriken sowie kleinere Porzellanmalereien und Zulieferbetriebe boten nicht nur den Einwohnern Tiefenfurts und seines Umlandes Arbeit, sondern auch manchem Porzelliner aus anderen Teilen Deutschlands.
Von der „Schlesischen Porzellanfabrik P. Donath“ (1891 bis etwa 1920) wurden Luxus- und Gebrauchsgeschirre hergestellt und auch nach England, Amerika, Russland, Frankreich, Schweden sowie in die Türkei exportiert.
In einem Markenschutzprozess, den die Königliche Porzellan-Manufaktur Meißen gegen Paul Donath 1893 anstrengte und 1895 durch die letztinstanzliche Entscheidung des Reichsgerichtes Leipzig verlor, wurde indirekt die gute Qualität der Porzellane aus der Fabrik von Donath bestätigt.
Die „Porzellanfabrik C. H. Tuppack“ (etwa 1920 bis 1945) bot „Gebrauchs- und Tafelgeschirre für In- und Ausland“ an. Eng verbunden mit dieser Tiefenfurter Firma sind indes ihre Porzellane mit den Dekoren „China-Blau“, „China-Rot“, „China-Grün“, „China-Lila“ sowie verschiedene Japan-Dekore. Mit einem breiteren Angebot von Porzellanen im Stil des Art déco folgte Tuppack darüber hinaus einem Trend der Zeit.
Die „Porzellanfabrik K. Steinmann“ (1883 bis 1943/45), die um die Jahrhundertwende die dritte Tiefenfurter Porzellanfabrik, die „Silesia“, übernommen hatte, nannte vor dem Ersten Weltkrieg als Spezialität „Export-Gebrauchsartikel für alle Länder der Welt“. In einer Anzeige wies das Unternehmen allein 33 solcher „Export-Artikel“ aus. Insbesondere lieferte Steinmann diese in englischsprachige Länder, in die USA und bis nach Englisch-Ost-Indien und Australien. Kaffee-, Tee-, Frühstücksservice, Obstgarnituren, Zierdosen, Durchbruchschalen usw. gehörten um 1930 zum Angebot des Unternehmens. Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 wurden im Werk „Silesia“ dagegen verstärkt feuerfeste Feinsteinzeug-Geschirre hergestellt.
Vor allem Porzellane der drei genannten Firmen sind in der Ausstellung zu sehen. Sie vermittelt einen Einblick in die Vielfalt der Porzellane, die in Tiefenfurt hergestellt worden sind – bis hin zu den heute wieder besonders geschätzten Porzellanen im Art-déco-Stil.
Ermöglicht wird dies durch Exponate des Museums und durch die Beteiligung mehrerer Leihgeber.
Über die Geschichte der Tiefenfurter Porzellanindustrie informiert ausführlich das 2007 in erweiterter und aktualisierter Neuausgabe im Bergstadtverlag, Würzburg, erschienene Buch „Schlesisches Porzellan vor 1945“. Allein 49 Fabrikmarken sind dort abgebildet, die helfen, Tiefenfurter Porzellan zu erkennen.
Gerhard Schmidt-Stein