VIELSEITIGKEIT IST TRUMPF
Porzellane kleinerer schlesischer Porzellanfabriken – Eine neue Porzellan-Ausstellung im Haus Schlesien
21. September 2003 – 29. Februar 2004
Wer weiß heute noch, daß es in Brieg eine Porzellanfabrik gegeben hat? Die Beschäftigung mit schlesischem Porzellan birgt auch für den Kenner mancherlei Überraschungen. Im Schatten der großen Porzellanfabriken in Tillowitz, Waldenburg und Königszelt, denen bereits in den vergangenen Jahren eigene Ausstellungen gewidmet waren, arbeiteten zahlreiche kleinere Fabriken mit gutem Erfolg, die sich weitgehend auf die Herstellung von Gebrauchsporzellan für die tägliche Nutzung konzentrierten.
Anläßlich der Gründung der Striegauer Porzellanfabrik in Stanowitz vor 130 Jahren wird im Rahmen des Ausstellungszyklus „Schlesisches Porzellan“ erstmals eine Gruppe dieser kleineren Porzellanmanufakturen und ihre teilweise sehr seltenen Produkte vorgestellt.
Im Mittelpunkt steht die Striegauer Porzellanfabrik (1873-1933). Sechzig Jahre arbeitete sie mit gutem Erfolg, trotz der Nachbarschaft zu den großen Porzellanfabriken von Königszelt und Waldenburg. Qualitätvolles Tafelporzellan, Kaffee- und Teeservice kennzeichnen ihr Produktionsspektrum, hinzu kommt aber auch Luxusporzellan wie Zierschalen, Vasen oder Dosen. In den Zwanziger Jahren erweitern neben modernen Formen stilistische Rückgriffe auf Rokoko, Empire und Biedermeier das Spektrum der Produktion. Zu den sehenswerten Raritäten gehört die figürliche Tierplastik, mit der in dieser Zeit das Angebot erweitert wurde. Trotz ihres Erfolges konnte sich die Fabrik nicht gegen die Folgen der Weltwirtschaftskrise des Jahres 1929 behaupten und mußte vier Jahre später aufgeben.
Dieses Schicksal teilten auch die im Kreis Sagan gelegene Fabrik in Freiwaldau (1841-1930), und die Porzellanfabrik Franz Prause (1891- ca.1933) in Nieder-Salzbrunn, Kreis Waldenburg, die beide ausschließlich Gebrauchsgeschirr fertigten. Die Freiwaldauer Fabrik setzte dabei ihren Akzent auf die Produktion von Tassen und Service, während Prause sich auf die Herstellung von Küchengarnituren und Reklameartikeln spezialisierte.
Eine Spezialisierung ganz anderer Art verfolgte die Porzellanfabrik Josef Schachtel (1857-1945) in Sophienau bei Bad Charlottenbrunn, ebenfalls im Kreis Waldenburg gelegen. Seit 1875 verlegte die Fabrik ihren Produktionsschwerpunkt allmählich vom gängigen Gebrauchsgeschirr auf die Herstellung von elektrotechnischem und Hochspannungsporzellan und wurde führend in dieser Sparte. Daneben produzierte sie auch weiterhin Tafel- und Kaffee-, bzw. Teeservice.
Mit ausgewählten Stücken ist auch die Porzellanfabrik Schweig (gegr. 1895) in Weißwasser, Kreis Rothenburg/OL, in der Ausstellung vertreten. Ihr Produktionsschwerpunkt lag auf Gebrauchsporzellan wie Tafel-, Kaffee- und Teeservice oder Sammeltassen. Als einzige schlesische Produktionsstätte westlich der Neiße wurde sie nach 1945 als VEB Porzellanwerk Weißwasser weitergeführt wurde.
Andere Porzellanfabriken sind durch eine kurze Produktionszeit oder ein Produktionsende im 19. Jahrhundert gekennzeichnet, was ihre Produkte zu gesuchten Raritäten macht. Gezeigt werden Einzelstücke aus der Porzellanfabrik von Albert Teichelmann (1866-1869) in Brieg, und der Reichensteiner Porzellanmanufaktur in Plottnitz, Kreis Frankenstein. Dabei vertreten ist auch die „Giesche“ Porzellanfabrik (1920-1945) in Kattowitz O/S., die schon vor 1945 zeitweilig auf polnischem Territorium lag.
In bewährter Zusammenarbeit mit Privatsammlern bietet das Museum für schlesische Landeskunde mit dieser Ausstellung einen abwechslungsreichen Eindruck von der Vielseitigkeit schlesischen Porzellanschaffens. Die Spezialisierungen in ihrem Produktionsspektrum erlaubten den „kleineren“ Porzellanfabriken, neben der Konkurrenz der großen Fabriken zu bestehen und tragen heute zu dem facettenreichen, bunten Bild des schlesischen Porzellans bei.