MEHR ALS SCHÖNE SCHRIFTEN
Kalligraphien von Franz Toenniges
Sonderausstellung im Haus Schlesien bis 28.7.2002
Die Ausstellung „Mehr als schöne Schriften“ im Haus Schlesien in Königswinter-Heisterbacherrott vom 14. April bis 28. Juli 2002 ist die Abschiedsvorstellung des 79-jährigen Künstlers Franz Toenniges. Die Wahl des Ortes spiegelt die tiefe Verbundenheit mit seiner schlesischen Heimat wider. Franz Toenniges wurde 1923 in Frankenstein/Schlesien geboren und besuchte in Neisse und Breslau das Gymnasium. Bereits mit 14 Jahren schuf er sein erstes Werk, ein kalligraphisches Album über seine Heimatstadt Frankenstein. Es ist ebenso in der umfangreichen Ausstellung zu sehen wie sein bislang letztes, der 2001 gestaltete Entwurf eines Glasfensters mit Motiv des Ortes Frankenstein. Weitere Ausstellungsstücke sind u.a. die „Skizzen aus Italien“, die er als 21-jähriger Funker während des 2. Weltkriegs anfertigte, sowie einige Gedichte aus dieser Zeit. Bemerkenswert ist weiterhin die Kopie eines Schriftkreises, dessen Original sich im Gewölbe des Kölner Doms befindet und der mit Zeichnungen illustrierte Band „Gedichte an mein Kind“, in Erinnerung an seine mit 11 Jahren verstorbene Tochter Claudia entstanden.
Trotz der Fülle seines hier gezeigten Lebenswerks ist die Kalligraphie für Franz Toenniges doch immer nur ein Hobby geblieben. Nachdem er 1946 die Graphikklasse der Kölner Werkschule besucht und sich dort intensiv mit Graphik, Heraldik und Kalligraphie beschäftigt hatte, ging er in die Werbebranche, zuerst in die Schweiz, dann als Leiter der Auslandswerbung der Bayer AG in Leverkusen. Daneben betätigte er sich als Heimatforscher Schlesiens sowie seiner neuen Heimat, des Bergischen Landes.
Kalligraphie vermittelt nach Toenniges Ruhe und Glück und ermöglicht eine unvergleichliche Entfaltung der Kreativität. Sie setzt eine meditative Grundhaltung voraus, die jeglichen Zeitdruck ausschließt. Da eine kalligraphische Arbeit gar nicht (auf Pergament) bzw. nur sehr eingeschränkt korrigiert werden kann, muß sie in einem Wurf vonstatten gehen. Wichtig ist dabei weniger der Inhalt des Textes, wichtig sind vor allem seine graphischen Gestaltungsmöglichkeiten; daher bevorzugt Franz Toenniges kurze Texte. Als Motto seiner kalligraphischen Arbeit hat er sich den Ausspruch Thomas von Aquins zu eigen gemacht: „Der Wert der Kunst liegt nicht im Wert des Künstlers selbst, sondern vielmehr in seinem Werk“. Gegenüber dem Niedergang der Schreibkultur durch Schulunterricht und moderne Medien hofft er auf eine Renaissance der Kalligraphie als persönliche Ausdrucksweise. Die Kunst des schönen Schreibens, was Kalligraphie wörtlich bedeutet, macht die handgeschriebene Schrift zu einem Bildhaften in der Aussagekraft, die im Sinne der schon in der Antike gepflegten Ars scribendi Schönheit und Lesbarkeit zu einem Ganzen verbindet.