Am 6. August 1940 wurde dem Haupt-Gefreiten Willy Geßner vom Finanzamt Steinau a. d. Oder der Bescheid zur Gewährung eines Ehestandsdarlehens bewilligt – gestellt hatte der junge Mann diesen für sich und seine Frau Elisabeth bereits am 5. Oktober 1939 – wahrscheinlich in Erwartung der bevorstehenden Geburt seines Sohnes. Dieser kam am 31. Dezember des selben Jahres zur Welt. Mit dem Darlehen wollte sich die Familie vermutlich das eigene Heim einrichten. Warum die Bewilligung erst nach einem Dreivierteljahr erfolgte, geht aus den vorhandenen Unterlagen nicht hervor. Im Mai 1940 meldete sich Elisabeth Geßner mit ihrem Sohn bei der Meldebehörde in Wohlau an – angegeben wurde dabei zunächst die Adresse Annemarie-Kothe-Straße 17, an die auch der Bewilligungsbescheid gerichtet ist. Ab Juli 1940 sind dann Mietzahlungen an Felix Krause für eine Wohnung in der Dorfstraße 47 in Krummwohlau belegt. Auch eine Rechnung für „zwei dreiteilige Auflagen mit Keil“ weisen auf die Einrichtung einer gemeinsamen Wohnung in Krummwohlau hin.
Die Ehestandsdarlehen sollten junge Ehepaare bei der Finanzierung des eigenen Hausstandes unterstützen und sie damit animieren, bereits in jungen Jahren zu heiraten und nicht zu warten, bis die Ersparnisse ausreichen. Eingeführt worden waren die Darlehen bereits 1933 im Rahmen des Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit. Als Teil der nach der Weltwirtschaftskrise vom nationalsozialistischen Regime beschlossenen arbeitsmarkt- und bevölkerungspolitischen Maßnahmen war die Voraussetzung für die Darlehen zunächst, dass die angehende Ehefrau ihren Beruf aufgab. Die dadurch frei werdenden Stellen sollten helfen, die Zahl der Arbeitslosen zu senken, was allerdings nicht den gewünschten Erfolg hatte. Schon 1937, als sich ein Arbeitskräftemangel abzeichnete, wurde diese Voraussetzung gestrichen. Den Jungvermählten bzw. Heiratswilligen wurde nach Prüfung ihrer „Reinrassigkeit“ und Gesundheit ein Darlehen von 500 bis 1000 Reichsmark gewährt. Die Auszahlung erfolgte dann in Form von Bedarfsdeckungsscheinen, die zum Bezug von Möbeln, Haushaltsgegenständen u. ä. in speziell dafür zugelassenen Verkaufsstellen berechtigten. Das unverzinste Darlehen musste in monatlichen Raten von 1% zurückgezahlt werden. Durch die Geburt eines Kindes konnte das Darlehen jedoch um jeweils 25% des Betrages reduziert werden. Damit sollte die Geburtenrate gesteigert werden.
Mit der Bewilligung des Darlehens in Höhe von 500 RM im August 1940, konnte Elisabeth Geßner dann die übrigen benötigten Möbel finanzieren, wobei zwei Bedarfsscheine in Höhe von insgesamt 150 RM anscheinend nicht benötigt wurden, da sie, rückseitig nicht ausgefüllt, im Nachlass erhalten geblieben sind. Dass Elisabeth Geßner gewissenhaft das Darlehen abzahlte, belegt die Quittung vom 9. Oktober 1944. Elisabeth Geßner hat später wieder in Gladbeck gewohnt, wo sie nach der Geburt des Sohnes bereits einige Zeit bei Verwandten ihres Mannes untergekommen war.