SCHLESISCHE HOLZBAUTEN
Zeichnungen von Ludwig Löwe
15. Dezember 2011 bis 19. Februar 2012
Die seit 2001 zum Weltkulturerbe zählenden Friedenskirchen in Schweidnitz und Jauer sind mit der Kirche Wang sicher die bekanntesten schlesischen Holzbauten, aber bei weitem nicht die einzigen. Lange wurde insbesondere den mit Holz gebauten Weber- und Bauernhäusern in den schlesischen Gebirgs- und Vorgebirgsregionen sowie ihren bautechnischen Besonderheiten kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Vernachlässigung von Seiten der Denkmalpflege veranlasste den städtische Baurat Ludwig Löwe dazu, sich mit dem ländlichen Holzbau in Schlesien zu befassen. Der 1901 in London geborene Löwe studierte an der Technischen Hochschule in Berlin Architektur, bevor er erfolgreich die Ausbildung zum Regierungsbaumeister absolvierte. Die Idee, sich mit der Dokumentation der Holzbauweise in Schlesien auseinanderzusetzen, kam Löwe bereits Ende der 1930er Jahre. Auf seinen Fahrten im Rahmen seiner Tätigkeit im preußischen Staatshochbauamt in Hirschberg entdeckte er immer wieder interessante und in ihrer „konstruktive[n] Eigenart […]beachtenswert[e]“ Holzbauten, wie er selbst im Vorwort seines Buches „Schlesische Holzbauten“ schreibt. Löwe begann 1938 damit, Holzhäuser zu fotografieren und Zeichnungen anzufertigen. Ab 1939 war er als Regierungsbaurat für denkmalpflegerische Baumaßnahmen zuständig und betreute die Restaurierung zahlreicher Bauwerke rund um Hirschberg. So war er in Grüssau, Landeshut, Liebental, Löwenberg, in Hirschberg selbst und vielen anderen Orten tätig. Während dieser Zeit entstanden zahlreiche Fotografien und erste Zeichnungen für eine Publikation über die Holzbauten der Region. Doch verhinderte der Krieg eine weitere Beschäftigung mit diesem Thema. 1943 wurde Löwe zur Wehrmacht eingezogen, kam 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft und war seit 1946 mit der aus Hirschberg vertriebenen Familie in Bayern ansässig. Der überwiegende Teil der vor dem Krieg entstandenen Bilder und Zeichnungen ging leider verloren. Nur das Material, das die Ehefrau mit auf die Flucht genommen hatte, blieb als Grundlage für Löwes spätere Veröffentlichung. 1952 konnte Löwe in Köln als Oberbaurat im Bauaufsichtsamt wieder in seinem Beruf arbeiten. Erst im Ruhestand hatte er Zeit, das vor dem Krieg begonnene Vorhaben umzusetzen und brachte schließlich 1969 das Buch „Schlesische Holzbauten“ heraus.
Nach historischen Fotografien fertigte er hierfür mehr als 150 Zeichnungen schlesischer Bauern- und Weberhäuser, Betkirchen und anderer Holzbauten sowie zahlreiche Detailstudien an. Er differenzierte vier Regionen: das Glatzer Land, den Landeshuter Kamm und das Waldenburger Bergland, das Bobertal und schließlich das Neißetal. In den einzelnen Landschaften finden sich trotz der Detailunterschiede in der Bauweise erkennbare Parallelen. So herrscht in der Grafschaft Glatz die Schrotholzbauweise vor, während in den westlicher gelegenen Regionen des Waldenburger Berglandes und des Riesengebirges Fachwerkhäuser überwiegen. Eine Mischform beider Bauweisen stellt das Umgebindehaus dar, das im Neißetal eine ganz eigene Gestaltung zeigt. Berücksichtigung finden auch die im Riesengebirge verbreiteten Bethauskirchen in Fachwerkbauweise aus der friderizianischen Zeit.
Ludwig Löwe starb am 25. März 1981 in Freilassing, wo er seit 1970 lebte.
In einer Sonderausstellung zeigt HAUS SCHLESIEN vom 15. Dezember 2011 bis zum 19. Februar 2012 im Eichendorffsaal eine Auswahl von Löwes Originalzeichnungen und stellt dessen Leben und Werk vor. Bitte beachten Sie, dass der Saal teilweise aufgrund von geschlossenen Veranstaltungen nicht zugänglich ist. Auskunft hierüber erhalten sie unter Tel: 02244/886-0.
Silke Findeisen