„RAFFINIERTE VIELFALT“
Gläser von Fritz Heckert aus Petersdorf / Schlesien
Sonderausstellung vom 20. Mai bis 26. August 2012
Vor 175 Jahren, 1837, wurde der bekannte schlesische Glasfabrikant Friedrich Wilhelm, genannt Fritz, Heckert als achter Sohn eines Glasermeisters in Halle an der Saale geboren. Aus diesem Anlass widmet das Dokumentationsund Informationszentrum für schlesische Landeskunde in Königswinter der Glasraffinerie Fritz Heckert in Petersdorf/Schlesien und den dort hergestellten Produkten vom 20. Mai bis 26. August 2012 eine umfangreiche Sonderausstellung.
Fritz Heckert ging als 15-jähriger nach dem Tod des Vaters zu seinem älteren Bruder Carl Ferdinand nach Berlin. Dieser lebte dort seit 1846 und hatte zunächst eine Werkstatt als Glaser, Glasschleifer und Glasbieger, aus der sich ab 1855 eine Fabrik entwickelte. Der international erfolgreiche Carl Ferdinand wurde zum Vorbild für seinen jüngeren Bruder Fritz, der, geprägt durch Vater und Bruder, schließlich selbst den Beruf eines Kaufmanns ergriff und sich im Glasgewerbe selbständig machte. Eine Eintragung im Berliner Adressen-Verzeichnis führt ihn im Jahr 1863 als Fabrikant auf.
Bereits 1862 kaufte Fritz Heckert bei Petersdorf am Rande des Riesengebirges eine Glasschleiferei, die sogenannte Felsenmühle am Zacken, er wohnte und arbeitete aber weiterhin mit seinem Bruder Carl Ferdinand in Berlin zusammen. Nach seiner Heirat 1864 zog er zwei Jahre später mit der vierköpfigen Familie ins Riesengebirge nach Petersdorf. Dort gründete er am 1. November 1866 eine Glas-Manufaktur, die er zügig zu einem bedeutenden Unternehmen der Glasveredelung ausbauen konnte. Im Jahr 1889 wurde der Betrieb schließlich um eine eigene Glashütte erweitert. Fritz Heckert und die bei ihm produzierten Kunstgläser erhielten zahlreiche Prämien und Auszeichnungen.
Nach dem frühen Tod von Fritz Heckert im Jahre 1887 führte seine Witwe mit ihrem Schwiegersohn Otto Thamm die Firma im Sinne des Gründers fort. Nach Thamm lenkte von 1905 bis 1910 sein Sohn Bruno Heckert die Geschicke der Firma. Durch die Kapitalmehrheit Dritter entglitt das Unternehmen schließlich der Familie und ging später in der Josephinenhütte AG auf.
Sehr unterschiedliche Gläser sind zwischen 1870 und 1910 anfänglich in der Raffinerie und später in der Glashütte Fritz Heckert entsprechend den verschiedenen Stilperioden gestaltet worden und fanden international Anerkennung.Bekannt wurde die Glasfirma Heckert in der Zeit des Historismus durchHohlgläser im sogenannten altdeutschen Stil, die in Emailfarben bemaltwurden. Aufgegriffen wurden Motive, die der nach der Reichsgründung beliebten Neorenaissance entsprachen. Die Emailtechnik wurde außerdem für Gläser im orientalischen Stil verwendet. Hierzu zählten zum Beispiel „Jodhpurgläser“, die indischen Vorbildern nachempfunden waren, oder die leicht irisierenden, mattfarbigen Cyperngläser, die bereits Formen des Jugendstils aufwiesen. Die erfolgreiche Vermarktung der historisierenden Formen und Dekore hielten die Firma nicht davon ab, sich auch mit zeitgemäßen Entwicklungen auseinanderzusetzen. So entstanden ab Mitte der 1880er JahreUrangläser unter Otto Thamm. Um die Jahrhundertwende engagierte dieser dann zunächst Max Rade, später Ludwig Sütterlin als künstlerische Entwerferund führte damit als einer der Ersten den Jugendstil in der Glasindustrie ein.
HAUS SCHLESIEN zeigt in seiner Sonderausstellung vom 20. Mai bis zum 26. August 2012 einen repräsentativen Querschnitt der vielfältigen Produktion der Raffinerie Fritz Heckert. Gläser Heckerts sind in vielen Museen nur als Einzelstücke präsent, HAUS SCHLESIEN möchte mit seiner Ausstellung jetzt einen umfangreichen Überblick geben. Zu Unrecht wurde der Besonderheit und der Qualität dieser Gläser aus Schlesien bisher keine größere Aufmerksamkeit zuteil. Ergänzend wird anhand von Dokumenten die Familien- und Firmengeschichte nachgezeichnet. Neben den Exponaten aus den umfangreichen eigenen Beständen des Hauses werden zahlreiche Leihgaben aus überwiegend privaten Sammlungen gezeigt.
Für Kindergruppen und Schulklassen kann zu der Sonderausstellung ein museumspädagogisches Begleitprogramm gebucht werden, in dem verschiedene Glasveredelungsverfahren erforscht und eigene Gläser farbig gestaltet werden können. Anfragen sind zu richten an 02244 886 233 oder an kultur@hausschlesien.de.
Zur Sonderausstellung erscheint ein farbig gedruckter Katalog mit 100 Seiten der zum Preis von 12,50 EUR erworben werden kann.