ZU HAUSE UND DOCH FREMD
Vom Umgang mit Entwurzelung und Heimatverlust am Beispiel Schlesien
25. September 2016 bis 19. März 2017
Vor rund 70 Jahren wurden Millionen von Deutschen durch die Potsdamer Beschlüsse gezwungen, ihre Heimat in den deutschen Ostgebieten zu verlassen. Sie wurden aus ihren Häusern und Dörfern vertrieben und kamen ohne Hab und Gut in eine ihnen völlig fremde Umgebung. Dort wurden sie häufig widerwillig aufgenommen, es herrschte Wohnungsnot, Hunger und Arbeitslosigkeit. Für die Vertriebenen wie auch für die Einheimischen war dies eine schwierige Zeit.
In die verlassenen Regionen kamen vertriebene Polen aus den Ostgebieten, polnische Heimkehrer aus Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit oder Siedler aus Zentralpolen. Es war eine heterogene Gruppe, jeder kam mit anderen Erwartungen, viele nicht freiwillig, in deutsch geprägte und teilweise zerstörte Städte und Orte. Das Land war fremd und die Zukunft unsicher. Heimatverlust und Entwurzelung haben bei den Betroffenen beider Nationen wie auch ihren Nachkommen Spuren hinterlassen.
Die Betroffenen sind mit den zum Teil traumatischen Erlebnissen während Flucht und Vertreibung, mit dem Verlust der Heimat, der Ungewissheit und der Entwurzelung alle unterschiedlich umgegangen. Manche haben die Erlebnisse verdrängt, andere versucht die Erinnerung lebendig zu halten; in einigen Familien wurde viel darüber gesprochen, bei anderen war das Thema ein Tabu; die einen haben sich in Landsmannschaft oder Heimatkreisgemeinde engagiert und die alten Traditionen gepflegt, die anderen in ihrer neuen Heimat in Vereinen und Kirchengemeinden Anschluss gesucht; es gibt die, die nie wieder in ihrer Heimat waren, und jene, die heute enge Kontakte in den alten Heimatort pflegen. Diese ganz unterschiedlichen Formen der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit und den Erinnerungen an Flucht und Vertreibung werden in der Ausstellung dargestellt. Dies geschieht aus ganz unterschiedlichen Perspektiven, was einen differenzierten Blick auf die Problematik ermöglicht. Neben der Sicht der vertriebenen Deutschen wird auch die Situation der in Schlesien angesiedelten Polen betrachtet, es wird aber auch aus dem Blickwinkel der aufnehmenden Bevölkerung in Westdeutschland die Ankunft der sog. Flüchtlinge damals betrachtet. Nicht zuletzt werden die Auswirkungen auf die Nachkommen der Betroffenen und ihre Beziehung zur alten Heimat der Vorfahren und zur Thematik der Vertreibung dargelegt. In der Ausstellung vermitteln Hintergrundtexte und Ausschnitte aus Zeitzeugenberichten die nötigen Informationen zum Thema; Bildmaterial, Dokumente und persönliche Erinnerungsstücke illustrieren die Geschichte und Geschichten anschaulich.
Die zweisprachige deutsch-polnische Ausstellung ist ein gemeinsam mit dem Muzeum Powiatowe w Nysie, dem Muzeum Ceramiki w Bolesławcu, dem Muzeum Ziemi Lubuskiej w Zielonej Górze und dem Muzeum Regionalne w Środzie Śląskiej erarbeitetes Projekt und verfolgt mit diesem binationalen Ansatz die Absicht, in Deutschland bzw. Polen die Sichtweise der jeweils anderen Nation zu verdeutlichen und somit zur gegenseitigen Verständigung beizutragen.