Im Deutschen Kaiserreich geboren, die Jugend in der Zweiten Polnischen Republik verbracht, in der Weimarer Republik eine Familie gegründet und mit ihr den Aufstieg der Nationalsozialisten erlebt – die ersten dreißig Lebensjahre Roman Knebels waren besonders unruhige Zeiten in Oberschlesien. Roman Knebel wurde im Juli 1907 in Groß Dubensko geboren. Seinerzeit gehörte der im Kreis Rybnik gelegene Ort zu Preußen – Polen existierte auf der Landkarte nicht.
Nach der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches im November 1918 kam es zu gravierenden territorialen Veränderungen in Mitteleuropa. Mit der Wiedergeburt Polens und der Neugründung der Tschechoslowakei bekam Schlesien zwei neue Nachbarn, die beide Gebietsansprüche stellten. Über den Grenzverlauf zwischen Deutschland und Polen in Oberschlesien sollte ein Plebiszit entscheiden. Bei dieser im März 1921 abgehaltenen Volksabstimmung votierten die Einwohner von Groß Dubensko – wie der Kreis Rybnik insgesamt – mehrheitlich für Polen. Doch auch nach Vorliegen der Abstimmungsergebnisse konnte sich die Interalliierte Regierungs- und Plebiszitkommission auf keine einvernehmliche Lösung verständigen und so entschied schließlich der Völkerbund in Genf über die Grenzziehung. Dabei folgte er weniger den Ergebnissen der Abstimmung oder ethnischen Erwägungen, sondern überwiegend wirtschaftlichen Überlegungen. Der östliche Teil Oberschlesiens und damit auch der größte Teil des Kreise Rybnik fiel dabei an Polen.
Die neue Grenze verlief mitten durch die dicht besiedelte Region Oberschlesien, teilte Wege, Anwesen, manchmal sogar Wohnhäuser. Um den Bewohnern jedoch weiterhin den freien Zugang zu ihren Arbeitsplätzen, Familienangehörigen und Freunden zu ermöglichen, erhielten sie eine Verkehrskarte, die den „kleinen Grenzverkehr“ regelte. Sie berechtigte zum Grenzübertritt an einem der zahlreichen neu entstandenen Grenzübergänge, war aber nur im oberschlesischen Abstimmungsgebiet gültig. Die Verkehrskarte von Roman Knebel weist ihn 1925 als Elektriker aus, 1928 steht als Beruf „Bergmann“ auf seiner Karte – als Staatsangehörigkeit ist „Polska“ eingetragen. Aus den Papieren geht nicht hervor, in welcher Grube er tätig war. In seinem Wohnort der nach der Teilung Dębieńsko Wielkie hieß, befand sich die Dubenskogrube, aber auch in Miechowitz, dem Geburts- und Wohnort seiner späteren Frau Helene Zowislok, existierte eine Grube, die Preußengrube. Der bei Beuthen gelegene Ort war 1922 bei Deutschland geblieben.
Seine 1931 ausgestellte Verkehrskarte führt dann als Wohnsitz die Moltkestraße 1 in Miechowitz an. Zu diesem Zeitpunkt ist Roman Knebel bereits mit Helene verheiratet. Das junge Paar scheint bei ihren Eltern zu wohnen, denn der Magazinassistent Karl Zowislok ist im Adressbuch von 1924, wie auch 1934 ebenfalls in der Moltkestraße 1 gemeldet. Die Verkehrskarten – auch die von Helene – werden in regelmäßigen Abständen verlängert, auch die 1932 geborene Tochter Stefanie wird später eingetragen.
Der Ort Miechowitz wird 1936 in Mechtal umbenannt – er fällt, wie zahlreiche Ortsnamen in Oberschlesien, der nationalsozialistischen Germanisierungspolitik zum Opfer. In der Verkehrskarte wird der handschriftliche Eintrag „Miechowitz“ deshalb mit Mechtal überstempelt. Im Dezember 1937 erhalten beide Ehepartner einen Grenzausweis, darin ist bei Roman Knebel als Staatsangehörigkeit dann „Deutsches Reich“ eingetragen.
Leider liegen keine weiteren Dokumente der Familie vor, sodass nicht nachvollzogen werden kann, welches Schicksal sie während und nach dem Zweiten Weltkrieg ereilt hat.