In Geschichte steht auf dem Abgangszeugnis des im Dezember 1901 in Groß Grauden, Kreis Cosel geborenen Emanuel Kaban nur ein genügend. Ob er sich mehr für dieses Schulfach interessiert hätte, wenn er geahnt hätte, wie sehr sein eigenes Leben einmal von dem beeinflusst sein würde, was spätere Generationen als bedeutende historische Ereignisse im Geschichtsunterricht durchnehmen? Vermutlich kaum denn das Schulentlassungs-Zeugnis der Volksschule V in Hindenburg, die er seit 1908 besuchte, zeugt auch sonst nicht von allzu großem Interesse am Schulunterricht, weshalb er vermutlich auch mit 14 Jahren – nach der vorgegebenen Pflichtschulzeit – die Schule verlassen hat.
Sein weiterer Lebensweg ist für einen Oberschlesier kein ungewöhnlicher: geprägt war er vom Bergbau und den wechselnden staatlichen Zugehörigkeiten der Region. Zunächst arbeitete Emanuel Kaban, nachdem er die Schule verlassen hatte, wie aus späteren Dokumenten hervorgeht, in der Koksanstalt in Hindenburg.
Dem Militärdienst im Ersten Weltkrieg entging er glücklicherweise, da der Krieg verloren war, bevor er das 17. Lebensjahr vollendet hatte. Doch auch nach dem Krieg kam seine Heimatregion nicht zur Ruhe. Die Frage, ob seine oberschlesische Heimat zu Polen gehören oder bei Deutschland verbleiben sollte, sorgte für Unruhe. Eine Volksabstimmung sollte gemäß des Versailler Vertrages über das Schicksal Oberschlesiens entscheiden.
Die Königin-Luise-Grube, bei der Emanuel Kaban seit 1921 als Grubenarbeiter beschäftigt war, verblieb nach der Teilung bei Deutschland. Infolge der Weltwirtschaftskrise von 1929 geriet die inzwischen zur Preussag AG gehörende Grube jedoch in wirtschaftliche Schwierigkeiten – die Fördermenge verringerte sich zwischen 1929 und 1932 auf weniger als die Hälfte. Das mag eine Erklärung dafür sein, warum Emanuel Kaban dort nur bis 1932 tätig war. Erst fünf Jahre später hatte er in den ebenfalls zur Preussag gehörenden Dellbrückschächten wieder eine Anstellung gefunden und war dort bis kurz vor Kriegsende tätig. Er scheint aufgrund der Bedeutung des Steinkohleabbaus für die Kriegswirtschaft nicht zum Militärdienst eingezogen worden zu sein.
Nach Einmarsch der Roten Armee Ende Januar 1945 kam Emanuel Kaban, wie viele oberschlesische Bergleute, in ein sowjetisches Internierungslager aus dem er erst 1948 entlassen wurde. Hindenburg – nun wieder Zabrze – stand unter polnischer Verwaltung und so wurde er im März 1948 als Deutscher in das Umsiedlerlager Sonnenstein bei Pirna entlassen– ein ehemaliges Vernichtungslager der Nationalsozialisten, das seit 1946 zur Aufnahme der in der sowjetischen Besatzungszone als Umsiedler betitelten Vertriebenen genutzt wurde.
Emanuel Kaban galt als „Heimatlos“. Er selbst schien – als oberschlesischer Bergmann – seine Heimat jedoch in seinem früheren Wohnort Zabrze, zu sehen. Jedenfalls unterzeichnete er im Juni 1948 einen Vertrag mit der Kopalnia Makoszowy. Es war jene Grube, in der er bis 1945 gearbeitet hatte und die nun unter polnischer Verwaltung weitergeführt wurde. Um den Betrieb aufrecht erhalten zu können, wurden hier Fachkräfte benötigt, die sich auskannten – Fachkräfte wie Emanuel Kaban, der bis zu seinem Ruhestand 1961 in der Kopalnia Makoszowy, den einstigen Dellbrückschächten, in Lohn und Brot stand.