Jubiläumsausstellung „FIFTY – FIFTY. 50 Jahre Verein HAUS SCHLESIEN in 50 Objekten“
Am Anfang gab es eine Idee und ein knappes Dutzend Schlesier, die eine Begegnungsstätte für alle Schlesier – ein HAUS SCHLESIEN – im Westen schaffen wollten. Es war die Zeit der neuen Ostpolitik: Mit der Unterzeichnung des Warschauer Vertrages, in dem sich die Bundesrepublik Deutschland und Polen dazu verpflichteten, „dass sie gegeneinander keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden“, wurde die Oder-Neiße-Linie von der Bundesrepublik de facto anerkannt. Damit war für die Schlesier der Verlust der „alten Heimat“ endgültige Gewissheit. Diese Entwicklungen haben mit dazu beigetragen, dass fast 30 Jahre nach der Vertreibung aus dem Wunsch nach einem „Stück Schlesien im Westen“ heraus der Verein HAUS SCHLESIEN e.V. entstanden ist. Am 19. Mai 1973 fand die Gründungsversammlung statt, im Herbst folgten die ersten Vorstandswahlen und mit der Eintragung in das Bonner Vereinsregister am 9. November desselben Jahres war die Vereinsgründung dann auch amtlich besiegelt. Derr Idee konnten nun Taten folgen.
50 Jahre später gibt es eine Kultur- und Begegnungsstätte und ein Vielfaches an Mitgliedern, Förderern und Besuchern, die diese Idee mit Leben füllen. In den Jahrzehnten dazwischen hat sich viel ereignet:
Zunächst bedurfte es des nötigen Kapitals, um ein passendes Anwesen kaufen und herrichten zu können. Außerdem musste die Frage beantwortet werden, wie das HAUS SCHLESIEN aussehen, wo es beheimatet sein und was es leisten solle. Die wirtschaftlichen Möglichkeiten mussten dabei gegenüber den Wunschvorstellungen abgewogen, konkrete Pläne entwickelt und viele Skeptiker, die an einem Gelingen zweifelten, überzeugt werden. Nach der Prüfung verschiedener Objekte entschied der Verein sich schließlich für den ehemaligen Fronhof in Heisterbacherrott, der bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Kloster Schwarzrheindorf gehört hatte, danach in wechselndem Privatbesitz und zuletzt Eigentum der Stadt Königswinter gewesen war. Von dieser konnte der Verein 1978 die vierflügelige Hofanlage mit dem 12.000m² großen Grundstück für 350.000 DM erwerben.
Dank viel ehrenamtlichen Engagements und zahlreicher Spenden, konnte innerhalb von drei Jahren das Haupthaus hergerichtet und die Begegnungsstätte HAUS SCHLESIEN im Sommer feierlich eröffnet werden. Der Renovierung des Haupthauses als erstem Bauabschnitt schlossen sich weitere an: Ab 1982 erfolgte der Ausbau der einstigen Stallungen, drei Jahre später wurde mit dem Um- und Ausbau der Wirtschaftsgebäude begonnen. Der letzte Bauabschnitt, die frühere Scheune, wurde 1991 fertiggestellt.
Zahlreiche Treffen, Seminare und Tagungen schlesischer, aber auch nicht-schlesischer Gruppen wurden im Laufe der Jahrzehnte im Haus abgehalten und unzählige Feste gefeiert. Ab Mitte der 1980er Jahre wurden außerdem regelmäßig Ausstellungen gezeigt, bis heute mehr als 300 Sonderausstellungen. Mitten im Siebengebirge entstand ein „Schaufenster Schlesien“, das seit den späten 1980er Jahren auch eine Förderung durch den Bund erhielt und sich damit zu einem wichtigen „zweiten Standbein“ der Einrichtung entwickelte.
Auch wenn, die ursprünglich an das Haus gestellten Anforderungen und Wünsche zu Beginn der 1990er Jahre damit erfüllt zu sein schienen, hat sich HAUS SCHLESIEN in den folgenden Jahrzehnten stetig weiterentwickelt. Neue Herausforderungen haben Veränderungen notwendig gemacht, das Aufgabenspektrum erweitert und eine Anpassung der Zielsetzungen erfordert. So eröffneten sich mit dem Fall des Eiserenen Vorhangs ganz neue Möglichkeiten für die Arbeit von HAUS SCHLESIEN. Schon bald wurden Kontakte über die Grenze hinweg nach Schlesien geknüpft, erste Gastausstellungen vor Ort gezeigt und mit den „Schlesischen Begegnungen“ 1996 ein regelmäßiger Austausch mit schlesischen Universitäten und Hochschulen hergestellt. Die Kontakte zu Museen sowie wissenschaftlichen und kulturellen Einrichtungen sind seitdem kontinuierlich erweitert und die grenzüberschreitende Arbeit nach dem EU-Beitritt konsequent ausgebaut worden. So kann man heute ganz selbstverständlich Exponate aus der Sammlung HAUS SCHLESIEN in Breslau, Neisse oder Bunzlau besichtigen, sind die meisten Ausstellungen zweisprachig und werden dies- und jenseits der Grenze gezeigt und die Busse mit polnischem Kennzeichen auf dem, dem Haus gegenüberliegenden Parkplatz ein gewohnter Anblick.
Die Jubiläumsausstellung veranschaulicht anhand von 50 Objekte die großen Fortschritte und herben Rückschläge, die Diskussionen um Ausrichtung und Gestaltung der Vereinsarbeit angesichts sich wandelnder politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen und vor allem die Leistung der Menschen, die das Haus zu dem gemacht haben, was es heute ist. Vom postkartengroßen Wertschein zur Finanzierung des Hauses bis zur historischen Landkarte, die bei der Eröffnung überreicht wurde; von der Suppentasse aus der Rübezahlstube bis zur weitgereisten Kastenkrippe aus dem Waldenburger Bergland erzählen die Objekte Geschichten von HAUS SCHLESIEN und den mit ihm verbundenen Menschen.