Wacław Surowiecki (1908-1957) wurde 1943 bis 1945 in Konzentrationslagern gefangen gehalten. Nach Auschwitz kam er als politischer Häftling, vermutlich für sein Wirken in der polnischen Widerstandsbewegung. Im Herbst 1943 wurde er in Lazy inhaftiert und von dort in ein Behelfsgefängnis in Myslowitz gebracht.
Am 10. November 1943 wies ihn die Gestapo Oppeln/Warthenau ins Konzentrationslager Auschwitz ein. Im KL Auschwitz III bekam Surowiecki die Lagernummer 162017, wurde im Block Nr. 3, dann Nr. 14 einquartiert und dem Kommando Nr. 62 für Arbeit am Bau des Elektrizitätswerkes in Monowitz zugeteilt. Später wurde er nach Mauthausen-Gusen überführt (Lagernummer 78757), wohin er am 10. Juni 1944 kam. Bei der Befreiung des Lagers durch die Amerikaner am 5. Mai 1945 befand er sich in einem kritischen Gesundheitszustand. Zum Monatswechsel Juli/August 1945 kehrte Surowiecki nach Polen zurück. Nach dem Krieg ließ er sich in Neustadt nieder.
Aus dem Aufenthalt Surowieckis in den Konzentrationslagern blieben Erinnerungsstücke erhalten, die seine Tochter, Maria Leniar, dem Muzeum Ziemi Prudnickiej (Museum des Neustädter Landes) zu Verfügung gestellt hatte. Unter ihnen befanden sich auch Briefe. Nachstehend präsentieren wir einen Brief, der außerhalb der Lagerzensur in Form eines Kassibers geschmuggelt wurde.
Meine geliebten Drei!
Es beginnt eine Tragödie, indem ich diese Worte an Dich, meine heißgeliebte Teresa, schreibe! Du kannst Dir, meine Liebe, kaum vorstellen, was ich jetzt erlebe und wie ich mich fühle. Seit dem Augenblick, als ich das Haus verlassen habe, brach Finsternis in meine Seele ein, kam die ewige Nacht herein. Wenn ich leide und lebe, dann nur wegen meiner großen Liebe zu Euch. Für meine Frau Terenia, für meine kleinen Töchterchen Bogunia und Marychna werde ich, obwohl zerrissenen Herzens, jede Mühe erleiden und bis zum Ende kämpfen, nur weiter und weiter, es sei denn, sie selber werden mir das Leben nehmen. Die Kreuzwege habe ich schon zurückgelegt, sie waren schrecklich, desto mehr, weil ich unschuldig bin, keine Schuld auf mich nehmen wollte und keine genommen habe. (…) Dafür erbitte ich bei Dir heiße Liebe – voll von Herzen und Ehrlichkeit. Und es wird nicht leicht zu ertragen, was das grausame Schicksal mir aufgezwungen hatte. An jenem Tag gingst Du am Sola spazieren – ich habe Dich gesehen – Deine Person bereitete mir viel Freude. Mein Gott! Es ist ein zweiter unvergesslicher Tag. Ich fühlte, dass wir durch Gitter und Sperren aus elektrischem Stacheldraht, die große Mauer, zusammen sind. Mein Herz sprang vor Sehnsucht nach Dir und meinen kleinen Töchterchen und aus der Ferne durch das kleine Fensterchen kam die Stimme: „Wacek, Du kommst zurück und Dein Leiden, Deine Tränen küsst Teresa mit Bogusia und Marysia. Am Tage dieser Vision habe ich schreckliche Augenblicke erlebt. Ich danke Dir, Terenia, für die Sorge um mich und das Herz
(…) Wie geht es meinen Töchterchen? Ich bitte Bogunia, sie soll zu Gott für Papi und Onkel beten, damit Er sie in Schutz nimmt und sie ihre Schätze noch sehen können. (…) Ich küsse Euch innig , meine geliebten Töchterchen, und bitte Gott um Eure und Eurer Mutter Gesundheit, die Ihr lieben und auf sie hören sollt, das nur sie Euch geblieben ist. (…) Ich habe ein Vorgefühl, dass ich aus diesem Block ins Lager herauskomme und es wird mir leichter am Herzen, ich werde nicht an den Tod denken. (…)
Ich küsse Dich und die Kinder ganz fest, meine Geliebte. Dein Wacek.
Dieser Blogbeitrag ist ein Gastbeitrag aus dem Museum des Neustädter Landes (Muzeum Ziemi Prudnickie). Das Bildmaterial entstammt der Sammlung des Museums. Mehr zum Museum und seinen Ausstellungen unter: http://www.muzeumprudnik.pl/
Autor: dr Wojciech Dominiak