Der Nachschub rollt: drei Wagen Haselbach Bier auf dem Weg Richtung Russland. Dass Familienangehörige ihren Söhnen und Vätern Spezialitäten von daheim im Feldpostpäckchen an die Front schickten, war normal. Doch waren es kleine Pakete, gefüllt mit etwas Schokolade oder selbst gekochter Marmelade, vielleicht auch ein Stück Speck oder etwas Kaffee – dass ein Vater gleich drei Wagenladungen Bier auf die Reise brachte, war eher ungewöhnlich. Dabei waren diese drei Bierwagen, die Paul Haselbach um 1917 seinem Sohn Albrecht an die Ostfront schickte nicht alles; vorausgegangen war dieser Lieferung schon ein ganzer Waggon mit Bier aus Namslau.
Die Schlossbrauerei in Namslau hatte Albrechts Großvater Friedrich August Haselbach 1862 erworben. Er führte sie schnell zu großem Erfolg und erweiterte das Unternehmen stetig. Vor dem Ersten Weltkrieg beschäftigten die Söhne Albert und Paul, die nach dem Tod des Gründers im Jahr 1897 die Leitung übernommen hatten, rund 300 Mitarbeiter. Als eine der erfolgreichsten Brauereien Ostdeutschlands verkaufte sie das Bier nicht nur im Inland, sondern lieferte auch ins Ausland und sogar in die deutschen Kolonien und nach China. Das Wohl der Soldaten lag den Brauereibesitzern schon immer am Herzen, wie aus den Aufzeichnungen Albrecht Haselbachs zu entnehmen ist. So erinnert er sich an die regelmäßig alle vier Jahre in Namslau stattfindenden Manöver und dass „[k]ein Soldat […] die Hauptstraße durch die Brauerei passieren [durfte], ohne einen kühlen Trunk erhalten zu haben.“
Albrecht Haselbach, geboren 1892, hatte kurz vor dem Ersten Weltkrieg begonnen, an der Universität in Breslau Jura und Ökonomie zu studieren. Doch als der Krieg ausbrach, wurde er eingezogen und war vier Jahre als Offizier an der Ostfront im Einsatz. Dorthin ließ sein Vater ihm und seinen Kameraden das bekannte Haselbachbier bringen. Nach dem Krieg nahm Albrecht Haselbach das Studium nicht wieder auf, sondern stieg in das Familienunternehmen ein. „Denn nach Versailles“, so schreibt er in seinen Erinnerungen, „ mußten wir uns mächtig auf die Hosen setzen, das halbe Absatzgebiet der Brauerei war verloren“ Mit dem Eintreten des Versailler Vertrages fiel 1920 der nordöstliche Teil des Kreises Namslau an Polen, zudem wurden wichtige Absatzgebiete in Posen und Oberschlesien polnisch. Durch neue Produktionsmethoden und den Zukauf weiterer Betriebe konnte sich Haselbach jedoch gut durch die wirtschaftlichen Krisenzeiten retten.
Albrecht Haselbach war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch leidenschaftlicher Kunstsammler. Seine vor dem Zweiten Weltkrieg zusammengetragene Sammlung mit Ansichtsgraphiken konnte er rechtzeitig bei einem bekannten Hopfenlieferanten in Süddeutschland unterbringen, sodass sie erhalten blieb. Die mehr als 4.000 Ansichten umfassende Sammlung befindet sich heute zu Teilen in der Ostdeutschen Galerie in Regensburg und im Schlesischen Museum zu Görlitz.