Fotos einer Kunstausstellung in Liegnitz aus dem Jahr 1943 – obwohl es nur Schwarz-Weiß-Fotografien sind, kann man erahnen, welche Ausdrucksstärke die Aquarelle durch das gekonnte Ineinanderlaufen der wässrigen Farben erhalten haben. Die Werke stammen von dem gebürtigen Liegnitzer Maler Wolf Röhricht (1886 – 1953) – ein wahre „Virtuosen des Aquarells“. Ausstellungsort war sein früheres Elternhaus in der Wallstraße 12 in Liegnitz.
Dass Röhricht einmal die Laufbahn als Künstler einschlagen würde war, als er dort 1886 als Sohn des Justizbeamten Wilhelm Röhricht und dessen Frau Anna geboren wurde, nicht abzusehen. Zunächst eiferte er, ganz im Sinne seiner Mutter, dem früh verstorbenen Vater nach und begann ein Jurastudium in München. Allerdings war er fast ebenso häufig in der Malschule von Heinrich Knirr zu finden, wie in den Hörsälen der juristischen Fakultät. Trotz seiner künstlerischen Neigung schloss er sein Studium erfolgreich mit einer Dissertation ab.
Unmittelbar nach Studienabschluss folgte ein Aufenthalt an der Académie Julian in Paris. Im Jahr 1913 schloss sich der inzwischen in Berlin lebende Röhricht der Berliner Sezession an und schon 1916 erfolgte seine erste Einzelausstellung. Während des Ersten Weltkrieges wurde Röhricht im Rahmen seines Zivildiensts beim Landrat des oberschlesischen Städtchens Lublinitz erstmals mit den beeindruckenden Industrieanlagen dort konfrontiert, was ihn künstlerisch inspirierte und fortan immer wieder Thema seiner Werke war.
Es folgten kreative Jahre, in denen er diverse Reisen unternahm und zahlreiche Aufträge aus Privathaushalten erhielt. Zwar wurden fünf seiner Bilder 1937 für entartet erklärt, ein Malverbot blieb ihm jedoch erspart. Eine erneute Reisegenehmigung nach Rom im Jahr 1939 wurde ihm allerdings aufgrund politischer Unzuverlässigkeit verwehrt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ein großer Teil seiner Bilder in das Stadtschloss Kuchelberg bei Liegnitz ausgelagert und ging verloren. Röhricht verließ 1945 das kriegszerstörte Berlin und zog nach Garmisch-Partenkirchen. Am 29. September 1953 starb er in München.
Zwar malte er ebenso in Öl, zeichnete und fertigte Lithographien an, doch seine besondere Liebe galt von Beginn an dem Aquarell. Es spielte in seiner künstlerischen Biographie eine besondere Rolle und im Laufe der Jahre brachte er die Technik zur Perfektion. Die Lockerheit und teilweise Skizzenhaftigkeit des Aquarells schätzte Röhricht dabei besonders. Häufig malte er bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, sodass die Aquarellfarbe auf dem Papier gefror – die so entstandenen Farbkristalle taute er im Atelier langsam auf. Die „Frostspuren“ stellten eine interessante Variante in der Maltechnik dar. Seine genauen Vorstellungen von Komposition und exzellenter Technik ließen Aquarelle entstehen, die nicht nur in Bezug auf ihre Formate mit Ölbildern konkurrieren konnten. Umso mehr ärgerte ihn stets die dem Aquarell entgegengebrachte Abwertung als Bild von geringerem künstlerischem Wert im Vergleich zum Ölbild.
Wolf Röhricht wurde von Kritikern wie Laien gleichermaßen Anerkennung entgegengebracht. Er nahm 1950 als einziger deutscher Künstler an der Internationalen Kunstausstellung des Carnegie-Instituts in Pittsburgh/USA teil, wo er zu den fünfzehn besten deutschen Malern gezählt wurde. Ein großer Teil seines Nachlasses befindet sich heute in der Sammlung von HAUS SCHLESIEN.