Das Leben der Zivilbevölkerung änderte sich mit dem Beginn des Krieges zunächst insofern kaum, als die nationalsozialistische Regierung bemüht war, der Bevölkerung nicht allzu große Opfer abzuverlangen. Dennoch war der Krieg indirekt sichtbar und spürbar. Schlesien wurde zum wichtigen Aufmarschgebiet, wovon auch die grenznahe Stadt Militsch betroffen war. Eine kleine Serie von Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus der Sammlung von HAUS SCHLESIEN dokumentiert den Durchzug motorisierter Truppen wie auch die Einquartierung von Militärangehörigen in Privathaushalte. Der Fotograf der aus dem Nachlass des Verlegers und Druckers Kurt Lange stammenden Bilder ist unbekannt. Möglicherweise war er für das Militscher Kreis- und Stadtblatt tätig, da die Fotografien unmittelbar vor dem Verlagsgebäude bzw. dem Ladenlokal von Paul Lange entstanden sind.
Paul Lange hatte den Verlag Friedrich Wilhelm Lachmann, in dem das Blatt erschien, 1899 übernommen. Seit seinem Rückzug in den Ruhestand leitete Sohn Kurt Verlag und Druckerei, die 1939 ihr 100-jähriges Bestehen feiern konnte. Auf dem Bild unten links ist Kurt Lange (rechts) vermutlich mit seiner Ehefrau sowie zwei Wehrmachtssoldaten vor dem Verlagshaus zu sehen. Die Aufschrift auf der Rückseite „Militsch, Sept. 1939, Einquartierung“ legt den Schluss nahe, dass die beiden Soldaten hier einquartiert worden sind. Im Schaufenster hängt noch die große „100“, die auf das Geschäftsjubiläum hinweist.
Die Druckerei entwickelte sich unter Kurt Langes Leitung bestens, die Auflage der Zeitung stieg und so erwarb Kurt Lange 1938 das Grundstück Ring 33, was ihm ermöglichte eine Buch-und Papierhandlung in bester Lage zu eröffnen. Vor diesem Ladenlokal sind die übrigen Fotografien entstanden. Die Kennzeichen der Militärfahrzeuge weisen auf die Zugehörigkeit der durchziehenden Truppe zum Generalkommando XIV. Armeekorps (motorisiert) hin, das im April 1938 in Magdeburg aufgestellt worden war.
Kurt Lange war im Ersten Weltkrieg als Soldat in Serbien und später in Frankreich im Einsatz und wurde zweimal verwundet. Trotz seiner 54 Jahre wurde er kurz vor Kriegsende erneut eingezogen und kam im April 1945 in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Sein einziger Sohn, Manfred, fiel als Neunzehnjähriger an der Front.
Nach dem Krieg arbeitete Kurt Lange zunächst als Erntehelfer und im graphischen Gewerbe in Thüringen, bevor er in den Westen floh. Hier knüpfte er an seine frühere Tätigkeit an und ließ mit seinem Bruder Heinz das Kreisblatt in Form einer Heimatzeitung für seine vertriebenen Landsleute wieder aufleben. Bis zu seinem Tod war er Herausgeber des Militsch-Trachenberger Kreis- und Stadtblattes , dessen Ziel es war, die über ganz Deutschland verteilten einstigen Bewohner des Kreises wieder zusammen zu führen und mit Nachrichten zu versorgen.