Es gibt sie die „großen“, berühmten Musiker, die weltweit Schallplatten verkaufen und deren Namen in jedem Musiklexikon zu finden ist. Und es gibt die vielleicht kaum weniger begabten Musiker, denen das kleine Quäntchen Glück gefehlt hat, um auf die großen Bühnen zu kommen. Eine von ihnen könnte auch Hanna Horn aus Breslau gewesen sein, der Kritiker wie Weggefährten jedenfalls großes Talent und Können nicht abgesprochen haben und die wohl nicht wenige Leute mit ihrer Musik begeistert und mit ihrem pädagogischen Gespür geprägt hat.
Johanna Katherina Elisabeth Horn wurde am 17. Mai 1903 in Breslau geboren und ist dort auch zur Schule gegangen. Die Städtische Viktoriaschule in Breslau, ein Lyzeum, besuchte sie von 1911 bis Ostern 1919. Ihrem Abschlusszeugnis nach zu urteilen, galt ihre Liebe wohl schon damals mehr der Musik, als den Sprachen oder Naturwissenschaften – sind die Noten überwiegend genügend, sticht „Singen“ hingegen mit der Note „gut“ deutlich hervor. Kein Wunder, betrieb ihr Vater Walter Horn doch in der Klosterstraße in Breslau eine Musikschule. Bei ihm wird sie wohl auch das Klavier- und Geigenspiel erlernt haben. Doch schon im Jahr 1925 verstarb ihr Vater und sie übernahm im Alter von 22 Jahren die Musikschule. Über die Jahre hinweg wird sie hier manches Talent entdeckt und gefördert haben. Regelmäßig veranstaltete sie bei sich – aber auch in größeren Sälen, im Jahr 1943 z. B. im Musiksaal der Universität – Konzerte mit ihren Schülern, denen sie dabei durchaus manches abverlangte. Die Konzerte fanden bei einem breiten Publikum Anklang und wurden auch von der lokalen Presse gewürdigt.
Da vermutlich sämtliche Dokumente und Zeugnisse im Krieg oder bei der Vertreibung verloren gegangen sind, benötigte Hanna Horn zum Nachweis ihrer Tätigkeit und ihres Könnens zu Beginn der 1950er Jahre Bestätigungen seitens ihrer früheren Schüler. Aus diesen geht hervor, dass sie eine ausgezeichnete Pädagogin und vor allem talentierte Musikerin war. Sie war eine über Breslau hinaus bekannte und auch von Musikkritikern geachtete Solistin, Kammermusikerin und Begleiterin. Sie spielte mit bekannten Künstlern wie dem Konzertmeister des Deutschen Opernhauses in Berlin Prof. Bernhard Leßmann, dem drei Jahre an der Breslauer Oper beschäftigten Sänger Hubert Weidemann oder dem Breslauer Geiger Maximilian Hennig. Wie ein persönlicher Gruß von Fritz von Bose zeigt, wurden ihre Interpretationen auch von den Komponisten geschätzt.
Nach der Vertreibung kam Hanna Horn nach Leer. Auch hier gab sie bald erste Konzerte, spielte schon 1947 bei einem Konzertabend in Emden Werke von Beethoven, Bach und Chopin und gab im Folgejahr mit dem Cellisten Otto Hübner mehrere Kammerkonzerte, die gute Kritiken erhielten. Inwieweit sie an die Breslauer Erfolge anknüpfen konnte, ist aus den Unterlagen nicht ersichtlich. Dass sie ihr Klavier und ihre Geige als Sicherheit für zwei in den Jahren 1949 und 1950 benötigten Darlehen zur Begründung einer neuen Erwerbsgrundlage angeben musste, wird ihr nicht leichtgefallen sein. Schließlich waren die Instrumente ihr Kapital –ausgerechnet deren Verlust zu riskieren, war sicher keine einfache Entscheidung.