„So vergehen unsere Tage –
stets an Müh‘ und Arbeit reich,
doch dem Maße unserer Pflichten
kommt das Maß der Freude gleich,
die du dem Gemeinschaftsleben
und dem Tagwerk abgewinnst“
Mit diesen geradezu schwärmerischen Worten schließt das mehr als 40 Seiten umfassende Fotoalbum, in dem die aus dem Eulengebirge stammende Christa ihre Zeit beim Reichsarbeitsdienst (RAD) in Mährisch-Trübau dokumentiert. Der bereits 1935 eingeführte Arbeitsdienst für Jugendliche wurde für die weibliche Jugend erst 1939 obligatorisch. Mädchen im Alter zwischen 17 und 25 Jahren wurden zum sechsmonatigen „Ehrendienst am deutschen Volk“ verpflichtet, sofern sie nicht in für die Kriegswirtschaft wichtigen Industrien oder Behörden tätig waren bzw. noch zur Schule gingen.
Jeweils rund 50 jungen Mädchen kamen in einem Lager zusammen. Die Dienstpflichtigen kamen aus verschiedenen Landesteilen und Bevölkerungsschichten, hatten ganz unterschiedliche Kenntnisse und Lebenserfahrungen gesammelt. Das RAD-Lager des in den Ostsudeten gelegenen Städtchen Mährisch-Trübau lag ein ganzes Stück außerhalb des architektonisch sehenswerten Stadtkerns. Wie Langenbielau, die Heimatstadt Christas, hat auch Mährisch-Trübau eine lange Tradition als Standort der Textilproduktion – eingesetzt wurden die Mädchen jedoch nicht in den Produktionsbetrieben, sondern in der Landwirtschaft. Sie halfen bei der Ernte, im Haushalt und bei der Kinder- und Krankenpflege. Durch die Einberufung der Männer zur Wehrmacht fehlte deren Arbeitskraft auf den Höfen und die Landfrauen benötigten Unterstützung. Im Laufe des Krieges wurde die weibliche Jugend aber zunehmend in der Rüstungsindustrie, in den Behörden der Wehrmacht und zuletzt sogar als Flakhelferinnen eingesetzt. Doch Christa, die ihren Arbeitsdienst 1940 absolvierte, betraf dies noch nicht.
Der Tagesablauf der Mädchen war klar strukturiert und folgte einem immer gleichen Stundenplan. Das mit Sorgfalt angelegte Fotoalbum beschreibt diesen detailliert anhand von metrischen Versen und Schwarz-Weiß-Fotografien. Beginnend – im Sommer morgens um kurz vor 5 Uhr – mit Frühsport und Fahnenappell, folgte nach dem Frühstück der Arbeitseinsatz außerhalb des Lagers. Bereits am frühen Nachmittag kehrten die „Arbeitsmaiden“ zurück ins Lager, denn neben der Unterstützung der bedürftigen Bauern und Familien diente der RAD vor allem dazu die Jugendlichen während des Lageraufenthaltes „zu pflichtbewussten deutschen Staatsbürgern“ zu erziehen, Klassengegensätze aufzuheben und ihnen die nationalsozialistischen Ideale zu vermitteln. Die ökonomische Bedeutung des Arbeitsdienstes trat dabei häufig hinter die ideologische zurück. An den Nachmittagen standen nach einer kurzen Ruhepause dann Schulungen, die Leibesertüchtigung oder auch Gartenarbeit auf dem Programm – selbst die Abende waren mit gemeinsamem Singen und ähnlichen Aktivitäten meistens verplant.